(CIS-intern) – Höchst interessante Aufgaben in einem Berufsfeld, in dem man viel bewirken kann – so fasst Melf Jensen seine Erfahrungen aus den letzten anderthalb Jahren zusammen. Seit Januar 2021 leitet er das Sozialzentrum in Niebüll. Gemeinsam mit 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kümmert er sich um eine Vielzahl sozialer Leistungen für die rund 25.000 Bürger im Einzugsgebiet des Sozialzentrums sowie um zurzeit 1.008 Langzeitarbeitslose. Im vergangenen Jahr ist es dem Team gelungen, rund 190 Menschen in Lohn und Brot zu bringen.
»Unsere Kundinnen und Kunden bringen zum größten Teil Vermittlungshemmnisse wie etwa gesundheitliche Einschränkungen mit, die wir in der täglichen Vermittlungspraxis berücksichtigen. Sie verfügen jedoch auch über Potenziale und Ressourcen, auf denen unsere Vermittlungsarbeit dann aufbaut«, berichtet Jensen.
»Ausbildung und Qualifikation sind der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit. Das stellen wir kreisweit immer wieder fest«, erläutert Axel Scholz, der Leiter des Jobcenters Nordfriesland in der Husumer Kreisverwaltung. Der Kreis ist vom Bund mit der Arbeitsvermittlung der Langzeitarbeitslosen betraut worden. Die tatsächliche Arbeit am Menschen jedoch leisten die sieben in Nordfriesland verteilten Sozialzentren, in denen auch stets ein regionales Jobcenter angesiedelt ist. Die Träger der Sozialzentren sind die Gemeinden und Ämter der jeweiligen Region. In Niebüll – und in Leck – ist es das Amt Südtondern. Der Kreis fungiert als die zentrale Stelle im Kreisgebiet. »Im Rahmen der Vorgaben des Bundes lenken und koordinieren wir die regionale Vermittlungsarbeit. Dabei richten wir den sieben Sozialzentren aber auch Spielräume ein, damit sie maßgeschneidert auf die Bedingungen vor Ort eingehen können«, erklärt Axel Scholz.
Wenn Arbeitgeber dem Jobcenter offene Stellen melden, hoffen sie auf Bewerber, die körperlich und geistig fit, zuverlässig, mobil, sofort verfügbar und im Besitz eines Führerscheins sind. »Solche Anforderungen können wir nur höchst selten erfüllen. Aber unsere sehr guten Förderbedingungen haben schon so manchen Unternehmer überzeugt, auch Bewerbern mit gewissen Einschränkungen eine Chance zu geben. Bereut haben sie es in den seltensten Fällen«, betont Melf Jensen.
Zu den stärksten Förderinstrumenten des Sozialzentrums zählt die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen das komplette Gehalt eines neuen Mitarbeiters bis zu ein Jahr lang zu übernehmen. »Unter unseren Klienten gibt es aber auch diverse, die zum Beispiel problemlos in der Lage sind, zumindest vier Stunden am Tag voll zu arbeiten. Manchen Arbeitgeber bringen wir mit solchen Vorschlägen auf ganz neue Ideen«, sagt Jensen. Die Beratung des Sozialzentrums ziele nicht darauf ab, Klienten um jeden Preis zu vermitteln. »Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen zueinander passen. Nur dann ist eine Jobvermittlung auch nachhaltig. Niemand hat etwas von einem Arbeitsverhältnis, das nach drei Monaten schon wieder endet«, unterstreicht der Zentrumsleiter.
Neben den konventionellen Maßnahmen geht das nordfriesische Jobcenter immer wieder neue Wege. Um auch Kunden zu erreichen, die sich mit dem förmlichen Rahmen des Amtes schwertun, bietet sich das »Walk and Talk«-Beratungsgespräch an. Hier sitzen Fallmanager und Kunden nicht die ganze Zeit im Büro, sondern kommen beim Spazierengehen ins Gespräch und entwickeln Ideen zur berufliche Zukunft des Kunden.
Aber auch die klassischen Förderinstrumente führen immer wieder zum Erfolg: Unter den Klienten des Niebüller Jobcenters war eine Frau, die sich lange Zeit mit kleinen Jobs mühsam über Wasser hielt. Ihr Traum war es, LKW-Fahrerin zu werden. Das schien lange illusorisch, weil sie keinen entsprechenden Führerschein besaß. »Doch sie war so hochgradig motiviert, dass wir ihr am Ende den Führerschein bezahlt haben. Inzwischen hat sie ihren Traum verwirklicht und wird von ihrem Chef hochgeschätzt. Auch der Steuerzahler kann zufrieden sein, weil die staatlichen Unterstützungsleistungen für die Frau nun wegfallen. Nach rund neun Monaten hat sich die Ausgabe für die Allgemeinheit bezahlt gemacht«, verdeutlicht Melf Jensen.
Die Corona-Pandemie hatte auch auf das Sozialzentrum erhebliche Auswirkungen. »Es war ungünstig, dass wir unsere Beratungsgespräche nur noch am Telefon beziehungsweise per E-Mail anbieten konnten. Der persönliche Kontakt ist gerade in unserem Metier äußerst wichtig«, weiß Melf Jensen. Sein Team und er freuen sich, dass die Beschränkungen nun nach und nach aufgehoben werden. Zudem habe die Pandemie erheblich zur Beschleunigung der Digitalisierung von Arbeitsprozessen beigetragen. »Das ist gut, denn je schneller wir Papiere bearbeiten können, desto mehr Zeit bleibt uns für die Beratung«, sagt Jensen.
Davon profitiere auch Ralf Hennig, der Mitarbeiter des Sozialzentrums mit den meisten Kontakten zu Unternehmen. »Er kennt sowohl die Erfordernisse der Unternehmen als auch unsere Klienten sehr gut. Deshalb kann er schnell und verlässlich einschätzen, wer sich für welche Stelle eignet. Die Arbeitgeber der Region wissen das zu schätzen und bringen ihm großes Vertrauen entgegen«, sagt Jensen.
Die genaue Kenntnis des örtlichen Arbeitsmarktes ist für Axel Scholz einer der großen Pluspunkte des nordfriesischen Weges in der Arbeitsvermittlung. »Mit unseren sieben Sozialzentren sind wir überall direkt vor Ort und bieten alle sozialen Leistungen aus einer Hand. In den meisten Zentren sind sogar das Jugendamt und die Schuldnerberatung angesiedelt. So ist es uns gemeinsam gelungen, mehr als 30.000 Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Unsere beiden Zentren in Niebüll und Leck haben daran einen erheblichen Anteil«, hebt Scholz hervor.
Foto: Kreis Nordfriesland / v.l. Axel Scholz, Leiter des Jobcenters Nordfriesland, und Melf Jensen, Leiter des Sozialzentrums in Niebüll.